Irgendetwas haben die Zepernickerinnen an sich, dass man sich promt
alt fühlt. Uralt.
Ob es die großen Augen in den schmalen Gesichtern sind? Die langen, dünnen
Beine, die scheinbar von Problemzonen noch nie was gehört haben?
Oder liegt es einfach daran, dass sie alle erst nach 2000 geboren
wurden?
Es stand der letzte Spieltag unseres Teams an, zu Hause gegen
Zepernick III und IV. Zumindest bis Donnerstag, denn da erfuhren wir,
dass Zepernick III aufgrund des U18 Landespokalturniers (Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Platz!) nicht
antreten würde.
Nun gab es zwei Varianten, wie dieser Spieltag gestaltet werden
könnte. Variante Eins war, dass Zepernick III mit anderen, eher mäßig
guten Spielerinnen aufgefüllt werden würde und wir einen normalen
Spieltag absolvieren. Variante Zwei sah vor, dass Zepernick III nicht mit „mäßig guten“ Spielerinnen aufgefüllt werden würde,
sondern mit den Spielerinnen von Zepernick IV. Da diese Spielerinnen
alle noch der Jugendspielordnung unterliegen, wäre das tatsächlich
möglich. De facto würde dies für uns bedeuten, zwei Mal gegen
Zepernick IV zu spielen. Eine Mannschaft, gegen die wir bisher zwei
Mal deutlich verloren haben.
Zepernick überließ uns die Wahl.
Es galt, den sicheren ersten Platz gegen die Möglichkeit abzuwägen,
zwei schöne Spiele zu haben, endlich Zepernick IV zu schlagen und
die Bilanz von 0:2 Spielen auszugleichen. Das Risiko, drei Mal von
der gleichen Mannschaft geschlagen zu werden und trotzdem als Erster
aufzusteigen gegen das Risiko, „nur“ als Zweiter den direkten
Aufstieg zu machen.
Wir entschieden uns dafür, zwei Mal gegen Zepernick IV anzutreten.
Herausforderung angenommen!
Es begann mit viel Einsatz, flexiblen Pässen und mutigen Angreifern.
Obwohl die Decke in der Puschkinhalle etwas höher ist, konnten wir
unsere Boden-Decke-Quote mindestens verdreifachen (3 * 0 = 0) und die
Stimmung auf dem Feld konnte nicht mal vom abteilungsinternen
Kindergarten übertroffen werden.
Dann war das Einspielen vorbei und das erste Spiel gegen Zepernick
begann.
Zeisi stimmte uns ein, jedenfalls diejenigen von uns, die ihr
Hörgerät rechtzeitig lauter gestellt hatten, und nach einem letzten
Reiben der schmerzenden Gelenke schoben wir die Rollatoren auf das
Feld.
Nun ein Wort zur Zepernicker Spielweise. Zepernick als
Landesstützpunkt ist darauf fokussiert, bei den Deutschen
Meisterschaften mitzuspielen. Das gallische Dorf unter den
Sportschulen beziehungsweise -hochburgen. Um gegen den SC Potsdam und
Cottbus (die übrigens auf dem Nebenfeld gerade gegen unsere erste
Damenmannschaft ankämpfen mussten) mithalten zu können, ist eine
einwandfreie Technik, disziplinierte Athletik und ungeheurer Einsatz
nötig.
Pah. Als ob uns so etwas wie Technik bei unserem Gegner jemals
beeindruckt hätte! Nicht mit uns, Freunde!
Also Zepernick spielt wirklich schönen Volleyball.
Damit haben wir gerechnet.
Womit Zepernick nicht gerechnet hat, ist die etwas flachere Decke in
der Puschkinhalle. Was für uns schon wie der offene Himmel war, war
für Zepernick noch immer zu flach. Wären wir in der Motorhalle
gewesen, hätte Zepernick wahrscheinlich gleich wieder einpacken
können.
Nach dem „einen Wort“ zur Spielweise, zurück zum ersten Spiel.
Wir starteten direkt mit einem Vier-Punkte-Rückstand. Erste Auszeit
bei 1:5, nachdem wir drei Mal in Folge den Ball gegen die Netzkante
gehämmert haben. Eieiei… Der Motor stotterte noch gewaltig.
Zepernick nutzte das Ganze direkt als Angriffstraining und zeichnete
sich durch konsequente Aktionen, viel Beweglichkeit und – wie
gesagt – schöne Technik aus. Der Vorsprung blieb, wurde noch
ausgebaut und sicher ins Ziel gefahren. (18:25 aus unserer Sicht)
Der zweite Satz war ein Ebenbild des Ersten. Erste Auszeit bei 2:9,
es lief einfach nicht. Der Motor gab bereits merkwürdige Geräusche
von sich, jeder Fahrlehrer hätte Angst bekommen. Eine kleine
Aufschlagserie brachte uns auf ein 15:19 ran, das war‘s dann aber
auch. (19:25)
0:2 stand es nun nach Sätzen, dabei sollte das doch unser
Triumpf-Tag werden. Zeit, was zu ändern.
Satz drei, diesmal fanden wir die Kupplung direkt am Anfang des
Satzes und brachten unser Spiel ganz sachte ins Rollen. Zepernick
wähnte sich sicher, was man bei einem dritten Satz nach zwei
gewonnenen Sätzen nie tun sollte. Wir blieben höflich und
zurückhaltend, meldeten jedoch bereits zu Beginn Interesse am
Satzgewinn an. Da Zepernick nicht intervenierte, schoben wir uns dann
auch Mitte des Satzes mit einem freundlichen Nicken an den
Panketalerinnen vorbei und übernahmen die Führung bis zum Ende
(25:21).
Nachdem wir schüchterne Fahranfänger gezeigt hatten, dass wir
durchaus kompetent sind, hielten wir uns in Satz vier wieder
ausgesprochen zuvorkommend zurück und überließen Zepernick das
Feld. Bis zum Stand von 8:13 aus unserer Sicht. Wer ein
Erfolgserlebnis hat, will häufig gerne mehr davon und so war der Beginn des
vierten Satzes im Nachhinein nicht mehr als ein Luftholen.
Wir wissen nicht, was geschah, aber Zepernick brach ein. „Die
Annahme stand nicht“ ist eine Untertreibung, die Annahme saß nicht
mal, die Annahme lag eher vollgefuttert im Koma hinter unserem
(ausnehmend guten) Buffet. Die Zuspielerin tat, was sie konnte, doch
auch die Angreifer hatten offenbar nur ihren Schatten auf dem Feld
zurückgelassen.
Und bei uns? Wenn‘s läuft, dann läuft‘s. Da nicht mehr viele
Bälle den Weg zu uns fanden, wollte jeder umso mehr an den Aktionen
beteiligt sein. Anne, Zuspieler, Libero und Außenangreifer in einer
Person, hatte offenbar arg an Ballkontakt-Entzug gelitten und ließ
keine Chance aus, diese Unterversorgung zu beheben. Und zwar
unabhängig von Höhe, Geschwindigkeit und Richtung des Balls. Ani
blockte die zögerlichen Zepernicker Angriffe direkt runter, Mella stand mindestens in fünffacher Ausführung auf dem Feld und deckte jeden Zentimeter ab, den Anne ihr überließ, Marie und
Effi brachten den Gegner mit ihren platzierten Bällen an den Rand der
Verzweiflung und darüber hinaus.
Zepernick hatte zu Beginn dieses Schauspiels 13 Punkte gehabt. Dabei
blieb es dann auch. (25:13)
Der Tiebreak war die direkte Konsequenz, doch Zepernick war noch
damit beschäftigt, die Annahme zu reanimieren und Spieler und
Schatten wieder zusammenzufügen. Wir hingegen waren nicht nur
motiviert, wir waren euphorisiert. Acht Minuten dauerte der fünfte
Satz, dann hatten wir den ersten Tiebreak der Saison und den ersten
Sieg gegen Zepernick IV in der Tasche. (15:5)
Tschakka! Sieg gegen Zepernick IV!
Eine
halbe Stunde Pause, dann ging es wieder ans Netz. Es stand im Raum,
dass wir (mindestens) zwei Sätze gewinnen müssen, um Meister zu
werden. Die Fragen lauteten:
Wie schnell würde Zepernick sich
erholen können vom vierten Satz? Wie stark waren die U16(!)-Mädels
psychisch? Wie gut war ihre physische Kondition?
Und wie gut war
unsere?
Es
begann das zweite Spiel gegen den gleichen Gegner und es wurde klar,
dass die jungen Mädchen noch nicht fertig waren mit dem Knabbern.
Jede Spieltaktik, die sie sich zurecht gelegt haben mochten, war
durch Zeisis Umstellung zunichte gemacht worden – eine volle Bank
hat ihre Vorteile. Anne
durfte endlich ihrer Ballsucht ausgiebig auf ihrer eigenen Position
frönen und obwohl Zepernick sich bemühte, das Spiel wieder unter Kontrolle zu bringen, zog Marie mit dem Motor-Team mit einer
Sechser-Serie davon und ließ sich nicht mehr einholen (25:19).
Ähnlich
im zweiten Satz. Erst am Ende beim Stand von 24:19 und damit nur
einen Punkt davon entfernt, den ersten Platz dingfest zu machen,
schalteten wir ein bisschen zu früh in den Leerlauf und ließen
Zepernick noch mal auf drei Punkte ran. Dann entschied ein Angriff
ins Aus der Zepernicker über die Platzierung – Wir steigen als
Erster auf! (25:22)
Satz
drei nutzte Zeisi zum Experimentieren; vielleicht ein wenig zu viel
des Guten. Noch viel schlimmer: Beim Stand von 9:17 semmelten Mella
und Lena bei der Abwehr eines Angriff der Zepernicker Nummer 14
(auch bekannt als „die mit den kurzen Haaren“ oder „Ronja“,
die vermutlich die beste Spielerin der gesamten Halle war, die
Brandenburgliga auf dem Nebenfeld eingeschlossen) ineinander, wobei
Mella sich die Schulter so schwer verletzte, dass sie nicht mehr
spielen konnte. Kurze Zeit später ernannte Zeisi dann Marie zum
neuen Libero, der Satz jedoch war hin. (19:25)
Der
vierte Satz ging dann wieder locker vom Hocker. Zepernick hatte
offenbar eine Grenze erreicht und das kurze Aufflammen im vierten
Satz war direkt wieder ausgepustet worden. 25:14 – Satz, Spiel und zweiter Sieg gegen
Zepernick!
Das
hat sich doch gelohnt. Zepernick IV, die sich wahrscheinlich
(berechtigterweise)
erhofft haben, uns doch noch auch aufgrund des Nicht-Antretens von Zepernick III die Tabellenführung abzunehmen,
schlich mit hängenden Ohren davon. Die Treffen in der Landesliga nächste Saison werden bestimmt überhaupt nicht emotionsgeladen…
Wir
hingegen haben uns und allen anderen gezeigt, dass wir nicht ohne
Grund vor Zepernick stehen und als Erster aufsteigen. Das Risiko hat
sich gelohnt. Auf in die Landesliga!
An
dieser Stelle noch gute Besserung an Mella und herzlichen Glückwunsch
an Verena für die bestandene C-Schiedsrichter-Lizenz!
Es
spielten Ani, Verena, Jules, Lisanne, Anne, Mella, Betti, Effi, Marie, Patti, Caro und Lena
Es coachte: Zeisi
Es fotografierte: Mathias
Zur wie immer unschätzbaren Unterstützung und Motivation waren da: Jule und Norbert sowie viele andere Freunde (unter anderem die erste Damenmannschaft, wenn sie nicht gerade selbst spielte) und Familie - ganz, ganz lieben Dank!
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